Erstellt von Norbert Cuypers SVD

Einsiedler Norbert Cuypers über den Glauben der Kinder

Zwei bunte Windräder auf einer Wiese
Was wir von Kindern lernen können: Betrachte die Wirklichkeit mit einem vertrauensvollen und reinen Blick und freue dich über den glücklichen Moment, der dir gerade geschenkt wird

Pater Cuypers hält für die Kinder, die seine Klause besuchen, immer ein paar bunte Windräder bereit | Foto: AdobeStock

Der Steyler Pater Norbert Cuypers lebt als Eremit in einer Einsiedelei am Rande eines Waldes im Südsauerland und betreuet einen kleinen Wallfahrtsort. Hier berichtet er davon, dass Kinder einen ganz natürlichen Zugang zu Gott haben - und wie sich das zeigt

„Komm Opa, wir müssen für Mama eine Kerze anzünden“, hörte ich den kleinen Jungen dem Großvater vor der Kapelle zurufen. „Die hat doch heute Geburtstag.“ Als ich aus dem offenen Fenster meiner Klause schaute, sah ich gerade noch, wie der kleine Knirps die Hand seines Großvaters ergriff und ihn durch die Eingangstür der Kapelle hinter sich herzog.

Das ist eine der unzähligen Szenen, die ich hier immer wieder beobachten kann: Junge Eltern oder die Großeltern bringen die Kinder mit zur Segnung ihrer Haustiere, zur Kinder­andacht im Mai oder eben einfach nur so am Sonntagnachmittag, um in der Kapelle ein paar Minuten innezuhalten. Es ist dieser ganz natürliche Zugang der Kleinsten zu diesem Ort der Besinnung und des Gebets, der mich immer wieder so sehr berührt.

Ja, es ist wahr: Kinder können dir die Allerheiligste Dreifaltigkeit nicht erklären und auch nicht die Wesensverwandlung von Brot und Wein in der Feier der Eucharistie. Und Hand aufs Herz: Wer kann das schon? Kinder aber haben einen natürlichen Zugang zu Gott. In ihrer kindlichen, aber keineswegs kindischen Weise werden sie automatisch still, wenn sie die Kapelle betreten und ihr Gebet sprechen oder andächtig eine Kerze für die verstorbene Oma vor dem Kreuz anzünden.

Sie nehmen die Welt auf ihre Weise wahr, oft noch ganz unverfälscht und natürlich mit einem unendlichen Grundvertrauen in Gott, in Jesus und auch in Maria, der Mutter von Jesus. War es nicht jener Wanderprediger aus Nazareth, der uns genau deshalb auf die Kinder aufmerksam machte und uns ans Herz legte: „Wenn ihr euch nicht ändert und so werdet wie die Kinder, kommt ihr nie in Gottes neue Welt. Wer aber so klein wird wie ein Kind und so glauben und vertrauen kann, der ist der Größte in der neuen Welt Gottes. Und wer so einen Menschen mir zuliebe aufnimmt, der nimmt mich auf.“ (Mt 18,3-5)

Dieses Wort aus der Bibel fällt mir auch dann ein, wenn Kinder vor der Tür meiner Klause stehen bleiben und die Schafe aus Ton bestaunen. Einige der Kleinsten schleppen dann Gras heran und legen es vor ihnen ab. Klar doch, dass die Tiere was zu fressen brauchen. Andere sind fasziniert vom Farbenspiel des Windrades, das gleich daneben steht, und wollen es am liebsten mit nach Hause nehmen. Als ich davon einer Bekannten in Berlin schrieb, schickte sie mir spontan ein Päckchen voll mit lauter kleinen Windrädern, die ich seitdem an die kleinsten Besucher verschenken kann. In ihre strahlenden Gesichter zu schauen ist nicht mit Geld zu bezahlen.

Ihre Blicke erinnern mich an die vielleicht wichtigste Botschaft, die die Kinder mir allein schon durch ihre Anwesenheit vermitteln: Betrachte die Wirklichkeit mit einem vertrauensvollen und reinen Blick und freue dich über den glücklichen Moment, der dir gerade geschenkt wird. Auch deshalb gefällt mir das, was der bengalische Dichter Rabindranath Tagore einst sagte: „Jedes neugeborene Kind bringt die Botschaft, dass Gott sein Vertrauen in die Menschheit noch nicht verloren hat.“

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