Kirchenvater Augustinus und sein rastloses Leben

Augustinus, einer der vier lateinischen Kirchenväter, wurde 354  in Tagaste im heutigen Algerien geboren. Seine Mutter war Christin, sein Vater römischer Beamter; der Sohn wuchs in Wohlstand auf. Doch nach dem Tod des Vaters musste er sein Rhetorik-Studium in Karthago unterbrechen, geriet auf die schiefe Bahn, schloss sich einer Straßenbande an. Mit 18 wurde er Vater.

Als er 20 war, begann die Völkerwanderung, bedrängten die Hunnen die Germanen, versank Westrom immer tiefer in Bürgerkriegen. Mit 21 zogen er und seine Lebensgefährtin aus Karthago zurück nach Tagaste, wo er als Rhetoriklehrer arbeitete. Doch die Heimat wurde ihm zur Qual, wie er später schrieb:

„Ich selbst stand vor mir wie vor einem großen Rätsel, und ich fragte meine Seele: ‚Was betrübst du dich, meine Seele, und bist so unruhig in mir?‘ Doch die Antwort, sie blieb aus.“

In Mailand wurde Augustinus Christ

Als er 26 war, wurde das Christentum im Römischen Reich zur Staatsreligion. Mit 29 zogen seine Frau und er nach Rom, wo er erneut als Rhetoriklehrer arbeitete. Mit 30 zogen sie weiter nach Mailand – Augustinus’ neue Aufgabe bestand nun darin, dort die öffentlichen Ehrenreden auf Kaiser und Konsuln zu halten.

In Mailand begann er, sich erneut für das Christentum zu interessieren. Aus dem Rhetoriker wurde ein Philosoph. Eine religiöse Erfahrung („Bekehrungserlebnis“) folgte. In der Osternacht 387 ließ er sich taufen. Mit 34 traf er wieder in Karthago ein. Mit 37 ging er nach Hippo Regius, eine Küstenstadt im heutigen östlichen Teil Algeriens. Dort gründete er zunächst ein Kloster und wurde schließlich mit 42 Bischof – was er bis an sein Lebensende blieb, 36 Jahre lang. Der einst fieberhaft Reisende war zur Ruhe gekommen. In Hippo Regius entstanden auch seine autobiografischen Bekenntnisse („Confessiones“), in denen sich diese berühmten Worte finden:

„Groß bist du, Herr, und über alles Lob erhaben. Und da will der Mensch, dieser winzige Teil deiner Schöpfung, dich preisen. Du selbst regst ihn dazu an: denn du hast uns zu dir hin geschaffen, und unruhig ist unser Herz, bis es ruht in dir.“

Augustinus war sein ganzes Leben auf der Suche

Sein eigenes rastloses Leben hatte ihn offenbar gelehrt, dass sich das Leben der Menschen zwischen zwei Polen abspielt: der eigenen Unruhe und Gottes Ruhe. Pater Thomas Heck SVD hat sich mit diesem Thema lange beschäftigt.

„Augustinus sagt in seinen ‚Bekenntnissen‘, er habe sich in dem Vielerlei verloren, habe sich in seinen unruhigen Jugendjahren wie der verlorene Sohn aus dem gleichnamigen Gleichnis gefühlt“, erklärt er. „Und inmitten dieser Erinnerungen an sein früheres Ich stellt er sich die Frage: Warum erzähle ich dies?“

Und gibt sich darauf diese Antwort:

„Damit ich und jeder Leser bedenke, aus welchen Tiefen man zu dir rufen muss. Denn was ist näher als dein Ohr, Gott, wenn ein Herz sein Bekenntnis ablegt und das Leben aus dem Glauben ist?“

Vielleicht dachte Augustinus aber beim Schreiben seiner berühmten Verse auch an Psalm 116, in dem es heißt: „Kehre zurück, meine Seele, zu deiner Ruhe“? Vielleicht fühlte er sich daran erinnert? Wir wissen es nicht.

Heimat im Glauben

Was wir jedoch sagen können, so Pater Thomas: „Wenn wir geschaffen sind auf Gott hin, wenn er unser erster und wichtigster Partner ist, dann wird unser ganzes Leben im Grunde eine Suche sein nach diesem göttlichen Ursprung.“

Mit anderen Worten: Nach unserer Heimat? Pater Thomas nickt. „Wir finden in allen Religionen die Annahme, dass wir Menschen zuförderst spirituelle Wesen sind, die nur für eine begrenzte Zeit, in der wir auf der Welt sind, eine menschliche Erfahrung machen. Aber wir kommen nicht aus dem Nichts, sondern aus Gott. Und gerade deshalb braucht unser Leben auf Erden einen spirituellen Bezugsrahmen.“

Was Augustinus, diesem großen und lebensnahen Bischof, vielleicht deshalb so bewusst war, weil er in der ersten Hälfte seines Lebens viele Abgründe selbst geschaut, viele Abwege selbst gegangen war. Und deshalb in seinen Bekenntnissen an anderer Stelle schreiben konnte:

„Gott, du allein bist die Ruhe. Siehe, du bist da und befreist uns von unserem elenden Irrtum, führest uns auf deinen Weg, tröstest uns und sprichst: ‚Wohlan! Ich will euch tragen, ich will euch führen, ich will euch geleiten zur Heimat göttlicher Ruhe.‘“

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