Erstellt von Ulla Arens

Nachwuchs für die Steyler Missionare

Nachwuchs für die Steyler Missionare
Nachwuchs für die Steyler Missionare

Antôn Tra‘n Khă‘c Phúc SVD, Christian Gyamfi SVD, Eduardo Silva de Sousa SVD und Esmael Sombo Crisologo SVD wollen Steyler Missionare werden. | Foto: Selina Pfrüner

Sie kommen aus aller Welt, um in Deutschland Steyler Priester oder Bruder zu werden. Vier junge Missionare berichten über kulturelle Unterschiede, die Ausbildung, ihre Berufung und was Fernsehen und Fußball damit zu tun haben.

„Der Fußball hat mich zu Gott gebracht“

Aus Vietnam: Antôn Tra‘n Khă‘c Phúc SVD, 33
„Ich bin in einem kleinen Dorf groß geworden. Mein Vater, ein sehr strenger Mann, war Tischler und Zimmermann. Meine Mutter arbeitete im Reisfeld und kümmerte sich um unsere Kühe, Hühner und Schweine. Nach der Schule habe ich ihr immer dabei geholfen. Der Glaube war in unserer Familie fest verankert. Jeden Morgen gingen meine Eltern, meine sechs Geschwister und ich um 5 Uhr zum Gottesdienst. Da kam das gesamte Dorf zusammen. Abends trafen sich alle wieder zum Gebet. Und es wurde genau darauf geachtet, ob jemand aus der Gemeinde fehlte. Da hat sich keiner getraut zu schwänzen.

Diese Form von sozialer Kontrolle mochte ich nicht, meinen Glauben hat dies aber nicht beeinflusst. Meine Beziehung zu Gott ist eng, seit ich denken kann. Doch es dauerte, bis ich meine Berufung spürte. Erst studierte ich Englisch, arbeitete danach in einem Tourismusbüro. Aber ich war unzufrieden, merkte, dass mir etwas fehlte. Letztlich war es der Fußball, der mir den Weg wies. Ich hatte Kontakt zu einem anderen Orden, in dem viel gekickt wurde, und ich spielte in einem sozialen Projekt mit obdachlosen Kindern Fußball. Meine Eltern waren sehr stolz auf meine Entscheidung, Priester zu werden, obwohl ich als ältester Sohn eigentlich dazu bestimmt war, einmal das Familienoberhaupt zu sein. Schon im Steyler Provinzhaus in Nha Trang lernte ich deutsche Mitbrüder kennen, und ich war davon begeistert, wie offen und gleichwertig sie uns Fratres behandelten. Das ist auch in St. Augustin so. Anders als in Vietnam, wo Gesellschaft und Kirche streng hierarchisch ausgerichtet sind, wird hier Demokratie gelebt. Ich werde respektiert, bin Teil der Gemeinschaft und ich kann sagen, was ich denke, ohne Angst vor Zurückweisung haben zu müssen. Das ist schön. Aber ich gebe zu, dass es anfangs sehr gewöhnungsbedürftig für mich war. In unserer Kultur ist es verpönt, offen seine Meinung zu äußern.

Als ich 2018 hier ankam, war es mir besonders wichtig, schnell Deutsch zu lernen. Sprache darf keine Barriere sein. Nach 15 Monaten intensivem Lernen bestand ich den Kurs und konnte mein Studium der katholischen Theologie beginnen. Es ist sehr fordernd, aber das Lernen macht mir Spaß. Wie es danach weitergeht, liegt nicht in meiner Hand. Aber ich bin offen dafür, hier in Deutschland zu bleiben. Und ich bin auch zuversichtlich, als Priester von einer deutschen Gemeinde akzeptiert zu werden. Mit meiner Familie halte ich engen Kontakt. Jede Woche telefoniere ich mit allen über Facetime. Fußball spiele ich natürlich immer noch – mit meinen Mitbrüdern und in einer Hobbymannschaft auf den Rheinwiesen in Köln.“

„Eine Fernsehwerbung wies mir den Weg“

Aus Ghana: Christian Gyamfi SVD, 35
Mein Leben in Ghana:
„Unser Dorf im westlichen Teil des Landes hatte es durch dortige Bergbauindustrie zu Wohlstand gebracht. Mein Vater war Häuptling, eine Art von Bürgermeister. Er vertrat einen traditionellen Glauben, bei dem es neben einem großen Gott auch kleinere Götter gibt. Genau verstanden habe ich diesen Glauben nie. Meine zwei Geschwister und ich sind von meiner Mutter katholisch erzogen worden und ich war begeisterter Messdiener. Ich mochte das Feierliche, die Gewänder, das Zeremoniell. In meiner Freizeit habe ich viel Fußball gespielt und natürlich wollte ich, wie so viele Kinder und Jugendliche, einmal Profi werden.“

Meine Berufung
„Einen besonderen Moment, an dem ich erkannte, dass ich Priester werden möchte, gab es nicht. Ich glaube, es war meine Zeit als Messdiener, die mich am stärksten beeinflusst hat. Und die Gespräche, die ich mit vielen befreundeten Seelsorgern führte. Erst gab ich meiner Berufung nicht nach und studierte Betriebswirtschaft. Doch nach dem Vordiplom wusste ich: Du möchtest Priester werden. Tatsächlich bin ich über eine Fernsehwerbung auf die Steyler aufmerksam geworden, habe die eingeblendete Nummer aufgeschrieben und angerufen. Es war die richtige Wahl. 2017 wurde ich in einer feierlichen Messe in den Orden aufgenommen. Ein großer Moment für mich und meine Familie.“

Meine Zeit in Deutschland
„Mein Novizenmeister schlug mir vor, in Deutschland Theologie zu studieren. Die Vorstellung, die deutschen Philosophen wie Kant, Hegel und Heidegger einmal in ihrer Muttersprache lesen zu können, hat mich begeistert. Vor vier Jahren kam ich hier an. Deutschland liegt mir, weil ich Strukturen mag. Ich wünschte, meine Heimat hätte auch so ein Gesundheits- und Wirtschaftssystem. Ich kann mir gut vorstellen, hier als Priester eine Gemeinde zu leiten. Da ich Abenteuer mag, bin ich aber auch bereit, wieder etwas ganz Neues zu erfahren. Entscheidend ist die kontinuierliche und konstante Reflexion über die Mission. Ich möchte mit offenen Augen und hoher Aufmerksamkeit auf die Menschen zugehen und ihnen dienen.“

„Die Steyler sind meine Familie“

Aus Brasilien: Eduardo Silva de Sousa SVD, 31

Leben jetzt: Sie kamen 2019 nach Sankt Augustin. Was wussten Sie damals über Deutschland?
Eduardo Silva de Sousa: „Ich kannte Bayern München, Borussia Dortmund, Angela Merkel und ein paar Philosophen. Mehr nicht.“

Lj: Was hat Sie hier am meisten überrascht?
Eduardo Silva de Sousa: „Dass so viel Brot gegessen wird, sogar abends. Daran kann ich mich bis heute nicht gewöhnen. Und was den Glauben betrifft – dass die Kirchen leider so leer sind.“

Lj: Hat Ihre Erziehung Ihren Glauben beeinflusst?
Eduardo Silva de Sousa: „Meine Mutter hat uns allein erzogen, da mein Vater – ein Bergmann – bereits vor meiner Geburt bei einem Grubenunglück ums Leben kam. Sie war zwar katholisch, doch sie ging nur sehr selten zur Kirche. Glaube war bei uns zu Hause kein Thema.“

Lj: Wie haben Sie dann zu ihrer Berufung gefunden?
Eduardo Silva de Sousa: „Durch meinen besten Freund, der in der Gemeinde sehr aktiv war. Mit ihm ging ich zum Gottesdienst, wir waren gemeinsam Messdiener. Und später haben wir mit anderen Freunden und Freundinnen selbst viel Jugendarbeit gemacht. Das gab meinem Leben Sinn, festigte meinen Glauben. Beeindruckt haben mich auch die vier Steyler Priester unserer Gemeinde, die aus unterschiedlichen Ländern und Kontinenten kamen. Sie haben uns bei der Jugendarbeit unterstützt, wo sie nur konnten, und sich für Naturschutz und Menschenrechte engagiert. Sie waren der Grund, warum ich mich mit 19 Jahren entschieden habe, Steyler Missionar zu werden.“

Lj: Sie haben sich hier entschlossen, Bruder statt Priester zu werden. Warum?
Eduardo Silva de Sousa: „Am wichtigsten war für mich schon immer, Missionar zu sein. Ob ich Gott und den Menschen als Priester oder Bruder diene, ist dabei zweitrangig. Ich habe mit der Zeit festgestellt, dass ich als Bruder mehr missionarische Arbeit leisten kann. Dazu hat auch mein Praktikum in Berlin Kreuzberg beigetragen, wo sich zwei Steyler Brüder um Obdachlose, Suchtkranke und Migranten kümmern.“

Lj: Haben Sie jemals Zweifel an Ihrer Entscheidung gehabt, Missionar zu werden?
Eduardo Silva de Sousa: „Die Steyler sind meine Familie. Sie haben mich angenommen, so, wie ich bin, mit all meinen Schwächen und Sünden. Trotzdem frage ich mich jeden Morgen ganz bewusst: Bist du noch Steyler, bist du noch ein Ordensmann? Bislang konnte ich diese Frage immer mit einem klaren ‚Ja‘ beantworten.“

„Schon mit 14 spürte ich meine Berufung“

Aus Angola: Esmael Sombo Crisologo SVD, 24

Lässig in Hoodie und Jeansjacke gekleidet sitzt Esmael in einem Besprechungszimmer des Klosters St. Augustin. Einen zukünftigen Priester stellt man sich vermutlich anders vor, zumindest optisch.

Wenn es nach seinen Eltern gegangen wäre, würde der 24-Jährige jetzt auch nicht über seine Berufung sprechen, sondern in seiner Heimat Angola studieren. „Weil ich so gut in Mathematik war, wollte mein Vater, dass ich Ingenieur werde und gutes Geld verdiene“, sagt der 24-Jährige und lacht. Doch seine Entscheidung stand fest – und das bereits mit 14 Jahren. Ein Priester hatte ihn ins Seminar eingeladen und sofort war Esmaels Interesse geweckt. „Er war früher Missionar, erzählte mir über sein Leben im Dienst der Menschen und wie er sich für die Leidenden eingesetzt hat. Ich las dann ein Buch über Arnold Janssen und über die missionarische Arbeit von Josef Freinademetz in China. Das hat mich sehr beeindruckt.“

Seine Eltern, die für angolanische Verhältnisse wohlhabend waren, hatten kein Verständnis für seinen Wunsch. „Du hast so viele Fähigkeiten, warum willst du Missionar werden?“, fragte ihn seine Mutter jeden Tag. Letztlich akzeptierten die Eltern seinen Wunsch aber doch. Sie hatten keine Wahl.

„Wenn ich etwas will, dann ziehe ich das konsequent durch“, sagt Esmael. „Sie versicherten mir, dass sie immer für mich da sein werden“, erzählt der junge Missionar. „Das war ganz wichtig für mich.“ Also verließ er mit 14 seine Familie und ging zu den Steylern in die Hauptstadt Luanda, wo er erst sein Abitur machte und dann Philosophie studierte. Nach seinem Noviziat legte er im Januar 2020 das erste Gelübde ab. Schon während seines Studiums hegte er heimlich den Wunsch, nach Deutschland zu gehen, in die Heimat der Steyler. Doch die Entscheidung lag nicht bei ihm. Als er dann den Brief öffnete, in dem sein Bestimmungsort stand, war die Freude groß.

Seit acht Monaten ist er nun in St. Augustin. Er fühlt sich wohl hier und sein Deutsch ist bereits beeindruckend gut. Über seine Zukunft macht er sich keine Gedanken. „Ich bin nun mal ein glücklicher und fröhlicher Mensch, der im Hier und Jetzt lebt.“

Mehr zur Arbeit der Steyler Missionare erfahren Sie in der deutschen und österreichischen Ausgabe unserer Zeitschrift.

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Diese vier jungen Männer wollen als Missionare den Menschen dienen. | Foto: Selina Pfrüner

Steyler Missionar werden

Die Ausbildung beginnt mit dem Postulat, das in Deutschland ein halbes Jahr dauert, in anderen Ländern bis zu zwei Jahre. In dieser Zeit lernt man die Gemeinschaft der Missionare kennen. Nach dem einjährigen Noviziat legen die Novizen die Gelübde ab. Nun beginnt das Studium der Philoso- phie und Theologie. Die Fratres haben die Möglichkeit, auch in anderen Ländern zu studieren.

Wer nach Deutschland kommt, muss erst einmal einen mindestens einjährigen Sprachkurs absolvieren, bevor das Studium der Theologie beginnt. Als Bruder kann man ebenfalls studieren oder eine Ausbildung machen. Während ihrer Zeit in Sankt Augustin steht den jungen Missionaren ein Ausbilder zur Seite, der sie menschlich und spirituell begleitet. Nach sechs Jahren der zeitlichen Gelübde bindet sich der Mitbruder für immer an den Orden. Nach dem Theologiestudium und der Weihe zum Diakon folgt ein Pastoraljahr, in dessen Verlauf der Diakon zum Priester geweiht wird.

Weitere Informationen gibt es auch hier.

Wer die Ausbildung zum Missionar unterstützen möchte, kann das gerne tun:

Deutschland
Steyler Missionare
IBAN DE69 3862 1500 0310 0187 88
BIC GENODED1STB
Vermerk Ausbildung

Österreich
Missionshaus St. Gabriel
IBAN AT97 1200 0006 3043 4504
BIC BKAUATWW
Vermerk Ausbildung

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