Wie die Steyler in Kenia aus dem Nichts Neues schaffen
Vor fast 40 Jahren ging Bruder Karl Schaarschmidt SVD nach Kenia. Er baute Missionsstationen und Schulen, lebte bei den Massai und im Slum Nairobis. Und half, den Kindern Afrikas eine Zukunft zu geben
Mit einfachen Aufgaben gibt er sich nicht zurieden. Es soll schon eine Herausforderung sein: eine neue Missionsstation im afrikanischen Busch gründen. Für Slumbewohner Kirchen, Schulen, Brunnen und Krankenhäuser bauen. „Das Pastorale überlasse ich den Patern“, sagt der 78-Jährige. Er dient Gott und den Menschen lieber mit seiner Hände Arbeit.
Hier in Katani, etwa 20 Kilometer außerhalb Nairobis, konnte er für die Steyler günstig Land kaufen. Unter seiner Leitung entstand eine weiterführende Schule für Jungen mit Schülerwohnheim. Und das Missionshaus, in dem er seit sechs Jahren lebt. Es ist sein Alterssitz. Zurück nach Deutschland? Das will Bruder Karl nicht. „Ich kenne dort keinen mehr. Die Pfalz bleibt meine Heimat, sie ist Teil meiner DNA. Aber Kenia ist mein Zuhause.“
Den Steylern von Kindheit an verbunden
Mit neun Geschwistern wuchs er in einem katholisch geprägten Haushalt auf. Die ‚stadtgottes‘ (so hieß ‚Leben jetzt‘ früher) trug er schon als Kind aus. „Die Missionsgeschichten darin habe ich verschlungen“, sagt er. Weil eine seiner Tanten als Missionsschwester in Südafrika lebte, weckte das auch in ihm den Wunsch, Missionar zu werden. Bei den Steylern in St. Wendel machte er eine Lehre als Schreiner, später den Meister. Er legte 1971 seine ewigen Gelübde ab und meldete sich für die Mission. Nach Neuguinea wollte er, es wurden die Philippinen.
Zwölf Jahre lebte er in Manila, leitete eine große Schreinerei, in der unter anderem Schul- und Kirchenmöbel hergestellt wurden. Durch sein großes Organisationstalent gelang es dem Schreinermeister, den Betrieb auszubauen. Man habe Kunden weltweit beliefert, erzählt Bruder Karl. Sogar eine Auszeichnung als beste Holzproduktion Ostasiens bekam der Betrieb. Mit den Einnahmen wurde das dortige Priesterseminar finanziert. Als Holz und Rohstoff knapp wurde und politische Schwierigkeiten zunahmen, sah Bruder Karl für die Schreinerei keine Zukunft mehr.
Nächste Station Kenia
Bruder Karl war 40, als er nach Kenia kam. Nach einer kurzen Ausbildung in tropischem Bauwesen reiste er in das 200 Seelen-Dorf Garba Tulla. Sein neues Zuhause lag einsam in einer Halbwüste, 120 Kilometer vom nächsten größeren Ort entfernt. Mit zwei weiteren Missionaren zog er in eine baufällige Hütte. Am ersten Tag musste er erstmal in den Brunnen steigen und die Pumpe reparieren.
Nach 11 Jahren in Garba Tulla wurde Bruder Karl 1996 nach Dol Dol geschickt, in eine Gemeinde mit 18 Außenstationen im Massai Gebiet. Auch hier baute er – und sorgte für Bildung. Er freundete sich an mit seinen Schützlingen, so sehr, dass er sogar zu den Initiationsriten für die jungen Männer eingeladen wurde, eine Ehre, die Fremden praktisch nie zuteil wird.
Man kann nicht überall helfen
Doch er musste weiter, der Orden rief ihn nach Soweto, einem Slum Nairobis. Er baute und baute. Eine Schule mit 16 Klassenräumen, eine Bücherei, einen Sportplatz, eine Kirche. Durch die Brunnen, die er bohrte, war der Slum besser mit Wasser versorgt als weite Teile Nairobis. Für all das hatte er eine Baufirma gegründet, in der er Bewohner Sowetos beschäftigte.
In all den Jahren in Kenia ist er nie gleichgültig geworden gegenüber der Armut und den Schicksalen der Menschen, die er trifft. „Es bewegt mich immer noch. Aber man kann nicht überall helfen, das ist leider so." Ob er stolz sei auf sein Lebenswerk? „Was heißt schon stolz?“, wiegelt er ab. „Ich will immer alles so gut wie möglich machen, bin deshalb nie wirklich zufrieden.“ Außerdem: „Einer muss es ja machen.“