Jedes Jahr freut er sich, wenn Ostern vorbei ist. Denn dann geht es endlich wieder hinauf aufs Gerüst – sofern das Wetter mitspielt. Dann werden die neuen Teile angebracht, die Maximilian Novak und sein 20-köpfiges Team von November bis April in der Werkstatt hergestellt haben. In der Dombauhütte am Wiener Stephansdom hat sich die Arbeit seit dem Mittelalter kaum verändert. Maximilian arbeitet teilweise mit den Techniken von früher und nutzt auch die gleichen Werkzeuge.
„In meinem Arbeitsalltag ist es wichtiger, dass die Dinge schön werden, als dass es schnell geht“, sagt er. Das war auch der Grund, warum er sein Handwerk unbedingt beim Stephansdom ausüben wollte. Es macht ihn glücklich, sich Zeit lassen zu können. Manchmal braucht er für ein Werkstück drei bis vier Wochen, oft auch länger. Immaterielles Kulturerbe zu bewahren, statt Gewinn zu maximieren – seine Arbeit entschleunigt ihn.
Wenn er von seinem Gerüst aus das Treiben auf dem Stephansplatz und in der Stadt beobachtet, ist er froh über die Ruhe. „Überall passiert irrsinnig viel, aber man ist isoliert, schaut über alle Dächer drüber.“ Ein Kollege ist zwar immer in Rufnähe, aber es gibt auch viele Arbeiten, die er allein durchführt.
Man ist nie fertig
Seit seiner ersten urkundlichen Erwähnung im Jahr 1137 bis heute ist der Stephansdom eine Dauerbaustelle. Die ältesten Teile stammen aus dem 12. Jahrhundert. Der Nordturm wurde im Jahr 1433, der Südturm erst im 17. Jahrhundert vollständig fertiggestellt. Insbesondere die filigranen Steinmetzarbeiten, die typisch sind für den gotischen Baustil, haben es Maximilian angetan.
Aufs Gerüst zu steigen kostete ihn anfangs große Überwindung. Er musste sich erst an die Perspektive gewöhnen. Doch mittlerweile ist eine Arbeitshöhe von bis zu 60 Metern Routine für ihn. Eine spezielle Sicherheitsausrüstung benötigt Maximilian nur, wenn er den 136 Meter hohen Südturm besteigen muss.
Über die Jahrhunderte haben Regen, Feuchtigkeit und Frost Moose und Flechten auf der Fassade sprießen lassen. Taubenkot und Luftverunreinigungen tragen ihr Übriges dazu bei. Deshalb muss das Gebäude in mühevoller Kleinarbeit ständig restauriert und konserviert werden – lockere Steine und Dachziegel müssen befestigt, Risse im Mauerwerk gekittet werden.
Etwa 2,2 Millionen Euro kostet die Instandhaltung pro Jahr. Den Dom zu erhalten gleicht einer Sisyphusarbeit. „Es ist so, als würde man die Golden Gate Bridge streichen“, sagt Maximilian. „Wenn man fertig ist, fängt man wieder von vorne an.“