Geflüchtete aus dem Ukraine-Krieg erhalten Steyler Hilfe in Polen
Mehr als jedes andere Land nimmt Polen Geflüchtete aus der Ukraine auf. Auch die Steyler Missionare und Schwestern haben dort ihre Häuser geöffnet. Lj-Redakteurin Ulla Arens über eine Recherche, bei der sie manchmal nicht weiterfragen konnte
Als der Krieg nach Saporischschja kommt, bleibt Irina, 46, Viktoria, 55, und ihren Familien nur das Kino. Denn unter dem Kino gibt es einen Keller, in den sie sich retten, wenn die russischen Raketen einschlagen. Die ersten Nächte des Krieges haben sie dort verbracht, selbst voller Angst, wo sie doch ihre ganze Kraft brauchten, um die weinenden Kinder zu trösten. Wenn Irina heute, im Café der Steyler Missionare in der polnischen Kleinstadt Nysa, davon erzählt, schmerzt die Erinnerung noch so sehr, dass ihr sofort die Tränen in die Augen steigen. Wir schweigen gemeinsam.
Zehn Tage nach Kriegsbeginn handeln die beiden Frauen. Mit den beiden Kindern drängen sie sich in einen der vollkommen überfüllten Züge Richtung Polen, nur das Nötigste im Gepäck. Die Männer bleiben, wie bei den meisten Geflüchteten, zurück, sie dürfen das Land nicht verlassen, sie werden gebraucht, um ihre Heimat zu verteidigen. So reist die Sorge mit Irina und Viktoria mit, obwohl sie jetzt in Polen in Sicherheit sind. „Ich habe Angst um meinen Mann“, sagt Viktoria, und dann wechseln wir schnell das Thema.
Inzwischen wohnen die Frauen gemeinsam mit 17 anderen Geflüchteten im Missionshaus Heiligkreuz. Die Missionare haben gleich zu Anfang des Krieges ein Stockwerk für sie freigeräumt. Jede Familie verfügt über ein eigenes Zimmer. Auch in fünf weiteren polnischen Steyler Niederlassungen wurden Geflüchtete aufgenommen, eine weitere wird gerade vorbereitet. Die Steyler Schwestern in Polen beherbergen an vier Standorten Geflüchtete, etwa 140 von ihnen leben insgesamt in Steyler Häusern.
Dass sie helfen, war für die Steyler keine Frage. „Sie sind unsere Nachbarn, unsere Brüder und Schwestern, und sie leiden“, sagt der polnische Missionssekretär Pater Andrzej Danilewicz SVD, der die Hilfe koordiniert. „Wir haben Betten, Möbel, Fernseher, Haushaltsgeräte und alles weitere gekauft, was man braucht, wenn man nur mit einem Koffer hier ankommt. Unsere Gäste sollen bei uns ganz unabhängig leben können.“ Deshalb werden sie teilweise zwar bekocht, können aber auch mit bereitgestellten Lebensmitteln in der eigenen Küche Essen zubereiten.
Den Geflüchteten zu helfen ist für die Steyler selbstverständlich
Die Steyler unterstützen auch bei der Jobsuche, begleiten Kranke zum Arzt. Und wenn zum Reden oder Trösten jemand gebraucht wird, sind sie natürlich ebenfalls da. „Wir versuchen, ein warmes, familiäres Umfeld zu schaffen, das unseren Gästen hilft, das Erlebte zu verarbeiten und sich von Strapazen des Krieges und der Flucht zu erholen“, sagt Pater Danilewicz. Und auch das: „Sie können so lange bleiben, wie sie wollen.“ Viktoria und Irina sind dankbar, dass sie hier Zuflucht finden konnten: „Wir haben es wirklich sehr gut!“
Die Polen sind zu Hunderten gleich in den ersten Kriegstagen an die ukrainische Grenze gefahren, um Menschen bei sich aufzunehmen, Hilfsorganisationen und Freiwillige haben über soziale Medien die Unterstützung organisiert. Über 2,7 Millionen Geflüchtete (Stand Ende April) haben bislang die Grenze überquert, Anfang März waren es bis zu 140.000 pro Tag. Zurzeit wächst die Anzahl der Geflüchteten um etwa 7.000 Personen täglich. Die meisten von ihnen werden wohl in Polen bleiben. Ihnen stehen Sozialleistungen zu, sie haben Zugang zur Gesundheitsversorgung, die Kinder können Schulen besuchen, die Mütter sich um Jobs bewerben, öffentliche Verkehrsmittel sind kostenlos.
Ich kann verstehen, wenn Pater Danilewicz am Ende meines Besuchs sagt: „Ich bin stolz auf meine Landsleute.“
Mehr zur Arbeit der Steyler Missionare erfahren Sie in der deutschen und österreichischen Ausgabe unserer Zeitschrift.
Polen und Ukraine – eine wechselvolle Beziehung
Polen und die Ukraine verbindet eine jahrhundertelange, nicht immer einfache Geschichte. Als sich 1918 erneut ein ukrainischer und ein polnischer Staat entwickelten, kam es zum polnisch-ukrainischen Krieg, den Polen gewann. Das Land besetzte die heutige Westukraine, die Mitte und der Osten wurden von der Sowjetunion eingenommen. Ende des Zweiten Weltkrieges flammte der Konflikt neu auf. In Wolhynien wurden 1943/44 Zehntausende Polen Opfer von Massenmorden der ukrainischen Nationalisten. Die polnische Heimatarmee übte Vergeltung. Erst mit der Unabhängigkeit beider Länder Ende des vorigen Jahrhunderts wurde darüber offiziell gesprochen, kam es zu Versöhnungsgesten.
Die Steyler in der Ukraine
In Verbovets, einem ukrainischen Ort nördlich der Grenze zu Moldawien, betreuen Steyler Missionare und Schwestern Geflüchtete aus Kiew, Charkiw und Donezk. Sie haben in einem Steyler Ferienlager für Kinder- und Jugendliche Aufnahme gefunden haben. Bis zu 50 Menschen bekommen dort, was sie benötigen. Im nahe gelegenen Dorf Struga organisieren Pater Adam Kruczynski SVD und seine Gemeinde Unterkünfte und Hilfe für die Geflüchteten.
Spenden
Deutschland
Steyler Mission
IBAN DE77 3862 1500 0000 0110 09
Stichwort: 22LJUKRB
Österreich
Missionsprokur St. Gabriel
IBAN AT26 2011 1800 8068 0800
Referenznummer: Ukraine Hilfe - 1191X
Schweiz
Steyler Missionsprokur
IBAN CH16 0900 0000 9001 3192 2
Stichwort: Ukraine Nothilfe