Woher kommt die Kerze in der Kirche?
In seinem Familienbetrieb in Würzburg stellt Martin Schenk Kirchenkerzen noch per Hand her. Seit der Gründung vor über 270 Jahren hat sich in seinem Metier wenig geändert
Zwei riesige Spulen, um die herum etwa 168 Meter Docht gespannt sind, drehen sich unermüdlich. Unten wird der Docht durch einen Behälter mit flüssigem Wachs gezogen, von Umdrehung zu Umdrehung wird er dicker ummantelt. „Deshalb heißt es auch ‚Kerzen ziehen‘“, erklärt Martin Schenk, 54, in dessen Betrieb fast ausschließlich Kirchenkerzen hergestellt werden – von Hand, nicht vom Fließband. „Der liebe Gott soll von uns eben besonders gute Ware bekommen“, so der Wachsziehermeister aus Würzburg, der seine Produkte bundesweit an Pfarreien liefert, aber auch ins benachbarte Ausland verkauft.
Bereits 1750 wurde der Betrieb gegründet, seit 1810 ist „Wachswaren Th. Schenk“ im Familienbesitz. Am Herstellungsverfahren hat sich seitdem kaum etwas geändert, wenn man mal vom Elektromotor absieht, der die Spulen antreibt. Den Anteil an Bienenwachs in den Altarkerzen gibt übrigens die Kirche vor. „Früher verwendete man für den Hochaltar ausschließlich Kerzen mit 55 Prozent Bienenwachs. Seit dem zweiten Vatikanischen Konzil beträgt der geförderte Anteil nur noch zehn Prozent.“ Was sonst noch im Kerzenwachs drin ist, verrät Schenk nicht. Familiengeheimnis.
Jede Kerzenart – seien es Altar-, Opfer- oder Orthodoxenkerzen – wird an einer jeweils eigenen Maschine hergestellt. Die einzelnen Arbeitsschritte sind dabei gleich. Wurden die Kerzen so oft durch das Wachsbad gezogen, dass sie den richtigen Durchmesser erreicht haben, werden sie in die richtige Länge geschnitten, auf Marmortafeln gerade gerollt, gelagert und über Nacht ausgekühlt. Dann wird der Kopf gefräst, um den Docht freizulegen, und der Rohling mehrmals in ein spezielles Wachsbad getaucht. Das sorgt dafür, dass die Kerzen außen härten, gleichmäßig abbrennen und nicht tropfen. Am Ende wird das Dornloch gefräst, die Kerze noch einmal auf der Marmorplatte ganz gerade gerollt. Denn nur wenn sie perfekt ist, darf sie in der Kirche brennen.
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