Steyler Pater Norbert Cuypers über sein Leben als Einsiedler
Pater Norbert Cuypers SVD möchte seinen Glauben in den kommenden Monaten anders leben als bisher: in einer Einsiedelei im Sauerland. In dieser Kolumne lässt er uns an seinen Erfahrungen teilhaben.
Liebe Leserinnen und Leser von ,Leben jetzt‘,
wie erklärt man eigentlich einem anderen Menschen, dass man sich verliebt hat? Vielleicht erzählt man davon, wie alles begonnen hat, wie man fasziniert ist von der Ausstrahlung des Gegenübers oder auch von dem tiefen Verlangen, möglichst viel Zeit mit der anderen Person zu verbringen.
Ich glaube, mit meiner Sehnsucht nach Gott, dem ich bereits vor vielen Jahren bewusst mein Leben anvertraut habe, verhält es sich nicht wesentlich anders. Eugen Eckert hat es in einem seiner Liedtexte so schön auf den Punkt gebracht: „Da wohnt ein Sehnen tief in uns, o Gott, nach dir, dich zu sehn, dir nah zu sein. Es ist ein Sehnen, ist ein Durst nach Glück, nach Liebe, wie nur du sie gibst.“ Diese Zeilen drücken etwas von dem aus, was mich bewegt, wenn ich Gott in meinem derzeitigen Leben noch mehr Raum schenken will.
Deswegen habe ich mich dazu entschlossen, in einer altehrwürdigen Einsiedelei im Sauerland zu leben.
Die schweizerische Ordensfrau Silja Walter muss ähnliche Erfahrungen im Glauben gemacht haben, wenn sie in einem ihrer Gebete schreibt: „Jemand muss zu Hause sein, Herr, wenn du kommst … Jemand muss nach dir Ausschau halten, Tag und Nacht. Wer weiß denn, wann du kommst?“ Und an anderer Stelle: „Wachen ist unser Dienst. Wachen. Auch für die Welt. Sie ist oft so leichtsinnig, läuft draußen herum und nachts ist sie auch nicht zu Hause. Denkt sie daran, dass du kommst?“
Diese Gedanken, die ich einmal eine ganze Nacht lang auf mich wirken ließ, lassen mich bis zum heutigen Tag nicht los. Auch für mich ist diese unsere Welt – leider oft genug auch die der kirchlichen – inzwischen zu laut geworden, zu schnelllebig und meist oberflächlich in ihrem Tun.
In den letzten Jahren verspürte ich immer deutlicher, wie sich das ungesund auf mein geistliches Leben auswirkt. Mich überzeugen die Worte des tschechischen Religionsphilosophen Tomáš Halík, der sich Gedanken um die Zukunft des christlichen Glaubens in Europa macht. Er schreibt: „Nicht primär mangelnde äußere Änderungen, sondern mangelnde Vertiefung verhindern, dass etwas anders wird. Die Lösung ist weder auf einem Weg nach links oder rechts noch vorwärts oder rückwärts zu finden, sondern auf dem Weg in die Tiefe. Haben wir Mut zum Tiefgang!“
Diesen Mut zum Tiefgang möchte ich durch ein Leben aus der Stille wagen.
Diese Lebensweise ist für mich weder eine Flucht vor der Welt noch ein Sich-Drücken vor der Verantwortung im Leben. Stille und Schweigen sind für mich vielmehr eine dringende Grundhaltung als Christ in der heutigen Zeit.
Ähnlich wie bei meiner ersten Berufung zum Ordensleben vor mehr als drei Jahrzehnten, die mich als junger Mensch in viele Länder und zu vielen Aufgaben führte, nehme ich in meiner zweiten Lebenshälfte nun die Einladung in mir wahr, Gott einen Raum in mir zu bewahren. Das sehe ich als einen prophetischen Dienst in dieser ach so lauten und schnelllebigen Welt von heute.
Seien Sie herzlich gegrüßt
Ihr Norbert Cuypers SVD
Pater Norbert Cuypers berichtet von nun an monatlich von seinem Leben in der Einsiedelei in unserer Zeitschrift.
Größer kann der Kontrast kaum sein: Aus dem lauten, hektischen Berlin ist Pater Norbert Cuypers SVD umgezogen – in eine altehrwürdige Einsiedelei im Sauerland. Er sehnt sich, so sagt er, in seiner Beziehung zu Gott, zum Glauben, nach mehr Tiefe. Tun wir das nicht alle – uns sehnen nach Tiefe statt Oberflächlichkeit, nach dem einen Bedeutenden statt so vieler unwichtiger Kleinigkeiten? Pater Cuypers lädt uns ein, ihn zu begleiten – in jedem Heft finden Sie seinen Brief aus der Stille.
Auch mit dem Deutschlandfunk hat er über sein Leben als Eremit gesprochen: Das Gespräch können Sie sich hier anhören.