Erstellt von Ulla Arens

Das vergessene Leid des Taifuns auf den Philippinen

Das vergessene Leid
Das vergessene Leid

Helfer bringen Lebensmittel per Boot vom Festland auf die stark verwüsteten Inseln | Foto: SVD

Kaum beachtet von der Welt verwüstete der Taifun Rai vor einem halben Jahr große Teile der Philippinen und zerstörte die Lebensgrundlage Tausender. Steyler Missionare kümmern sich um die Menschen und helfen beim Wiederaufbau.

Während der Wind den ganzen Tag immer mehr auffrischte, warnte die Steyler Radiostation die Menschen vor dem nahenden Sturm, bat sie, in sicheren Gebäuden Schutz zu suchen. Gegen neun Uhr abends am 16. Dezember vergangenen Jahres erreichte Taifun Rai mit einer Windgeschwindigkeit von fast 200 km/h die Küste. Der Fischer Yolando Escabas, 81, von der Insel Mactan flüchtete mit Familie und Nachbarn in die höher gelegene Schule. „Wie ein röhrender Laster tobten Sturm und Regen durch unser Dorf“, berichtet er. „Die Dächer unserer Hütten wurden davongeweht, Fundamente herausgerissen, Palmen entwurzelt, alle unsere Boote zerstört. Die Kinder weinten, die Erwachsenen beteten. Wir wussten nicht, ob wir überleben.“

Als Demitria Cabiles, 46, und ihr Mann mit den fünf Kindern Zuflucht bei den Nachbarn suchten, stürzten bereits Bäume um, trieb der Wind Wellblechdächer, Äste und Bambuswände vor sich her. Ihr Haus nahe der Stadt Tailsay wurde demoliert, die Lebensmittel durch den Starkregen unbrauchbar. Mit dem Verkauf von Gemüse und Obst verdiente die Familie ein paar Euro am Tag. Das ist nun vorbei. „Unsere Beete wurden völlig zerstört, der Boden abgetragen.“

Erst Wochen später wurde das ganze Ausmaß der Katastrophe deutlich

Elias Mier, 39, lebte mit seiner Frau und zwei Kindern auf einer Mülldeponie in Cebu City. Als der Sturm kam, fand die Familie Schutz bei Verwandten. „Unsere eigene Hütte wurde vom Sturm einfach davongetragen“, erzählt der Müllsammler. „Sie war zwar nur klein, aber ich hatte sie mit viel Mühe aus Altmaterial zusammengezimmert, um meinen Kindern ein Zuhause zu geben.“

Das Schicksal dieser Familien hat die Weltöffent­lichkeit kaum wahrgenommen. Vielleicht auch, weil man die Folgen des verheerenden Sturms, der auf den Philippinen Odette genannt wird und sich durch 11 von 17 Provinzen der Philippinen fraß, lange unterschätzte. Erst über einen Monat später wurde das ganze Ausmaß der Katastrophe deutlich: Über 9 Millionen Menschen waren von Taifun Rai schwer betroffen, davon 2,9 Millionen Kinder. 405 Menschen starben, 1,5 Millionen Häuser wurden beschädigt oder zerstört. Unzählige Frauen, Männer und Kinder erkrankten.

Bis heute leiden die Menschen unter den Schäden, die der Taifun verursacht hat, vor allem diejenigen, die ohnehin am Existenzminimum leben und durch die Auswirkungen von Corona noch ärmer wurden. „Auch wenn sie immer noch lächeln – dahinter verbirgt sich viel Schmerz“, sagt Pater Heinz Kulüke SVD.  Die Folgen sind auch im Rotlichtmilieu von Cebu City deutlich zu spüren, dort, wo sich Pater Kulüke um die Zwangsprostituierten kümmert. „Viele Frauen, denen wir helfen konnten, sich aus der Prostitution zu befreien, sind wieder zurück. Wenn ich sie nach dem Grund frage, sagen sie: ‚Meine Familie hat nichts zu essen. Einer muss Geld verdienen.‘“ Immer mehr Menschen kommen aus der Provinz in die Stadt, leben auf der Straße oder auf den Müllkippen, sind gezwungen, zu betteln.

Gemeinsam mit seinen Steyler Mitbrüdern und seiner Organisation JPIC-IDC (Justice, Peace and Integrity of Creation – Integrated Development Center) half er auch unmittelbar nach dem Taifun. Bereits morgens um drei Uhr, als das Schlimmste vorbei war, machte er sich auf den Weg zu den Slums von Cebu. Nachdem die erste Not gelindert worden ist, beginnt die zweite Hilfsphase, der Wiederaufbau in den SVD-Gemeinden auf den Philippinen. Auch die Dörfer, die von den Steylern für die Müllsammler gebaut wurden, um ihnen ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen, sind teilweise verwüstet. Um den Wiederaufbau voranzutreiben, sind die Steyler weiterhin dringend auf Spenden angewiesen. Die Häuser müssen repariert und vor allem mit neuen Dächern ausgestattet werden, damit die Menschen vor der brütenden Hitze und dem Monsun geschützt sind. Im Juni beginnt die Regenzeit.

Die Dankbarkeit für die Hilfe der Steyler Missionare ist groß

Was die Menschen außer einem Dach über dem Kopf am dringendsten brauchen, ist die Möglichkeit, endlich wieder ein wenig Geld zu verdienen. „Der Fischfang ist unsere einzige Einnahmequelle“, sagt Yolando Escabas. „Aber weil unsere Boote zerstört sind, verdienen wir keinen Peso. Für neue Boote fehlt uns das Geld.“ Von den Steylern wird sein Dorf nun 20 Holzboote erhalten. Auch andere Dörfer sollen Boote oder Material zum Bootsbau zur Verfügung gestellt bekommen. Die Kleinbauern, deren Ernte zerstört wurde, werden mit Saatgut versorgt.Bis jetzt konnten die Steyler insgesamt etwa 35.000 Familien mit ihrer unbürokratischen und schnellen Hilfe erreichen. Und obwohl die Menschen auf den Philippinen so viel Leid erleben mussten, geben sie die Hoffnung nicht auf. Sie vertrauen den Steylern, und sie vertrauen auf Gott. „Wir haben dafür gebetet, dass Hilfe kommt, und sie ist gekommen“, freut sich Fischer Yolando Escabas.

Mehr zur Arbeit der Steyler Missionare erfahren Sie in der deutschen und österreichischen Ausgabe unserer Zeitschrift.

Zur Rubrik

Wenn Sie Pater Kulüke und die Steyler Missionare bei ihrer Hilfe für die Opfer des Taifuns Rai unterstützen wollen, können Sie spenden:

Deutschland
Missionsprokur Deutschland
IBAN DE77 3862 1500 0000 0110 09
Verwendungszweck: 22LJPHSA

Österreich
Missionsprokur St. Gabriel
IBAN AT26 2011 1800 8068 0800
Referenznummer: 1190X

Schweiz
Missionsprokur Schweiz
IBAN CH16 0900 0000 9001 3192 2
Stichwort: Nothilfe Philippinen

Falls eine Spendenbescheinigung gewünscht wird, bitte Adresse angeben.

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