Erstellt von Michael Kreuzer SVD

Pater Kreuzer erklärt die Bibel: Was wäre passiert, wenn Maria „Nein“ gesagt hätte?

Maria hat eingewilligt, die Mutter Jesu zu werden
Im Lukasevangelium heißt es Maria habe zum Verkündigunsengel gesagt: „Mir geschehe wie du gesagt hast"

Gott hat einen Engel zu Maria geschickt mit der Botschaft, dass sie Gottes Sohn zur Welt bringen wird. Hätte sie auch „Nein" sagen können? | Foto: istock

Nicht immer erschließt sich der Inhalt der Bibel beim ersten Lesen: Glaube kann kompliziert sein. Darum haben wir den Steyler Pater Michael Kreuzer gebeten, uns die Bibel zu erklären. Heute wollen wir mehr zur Gottesmutter Maria wissen

Maria wäre nicht die Mutter Jesu geworden. Gott hätte sich eine andere „Gottesmutter“ suchen müssen. Gott tut nichts ohne Einwilligung des Menschen. Wir sind nicht seine Marionetten. Gott kennt keine faulen Tricks, die unsere Freiheit ausschalten und uns schlafwandlerisch das tun lassen, was er über uns verhängt.

Sonderbarerweise handeln wir nie freier, als wenn wir Gottes Willen tun. Sonderbarerweise ist unsere freiwillige Einwilligung in den Willen Gottes, also das, was die Bibel „Gehorsam“ nennt, unsere Selbstverwirklichung. 

Handelte Kain in Freiheit, als er seinen Bruder erschlug? Handelte David frei, als er Batseba „haben musste“? Gab Maria dem Verkündigungsengel ihr „Ja“ („mir geschehe nach deinem Wort“) in Freiheit? Wir tun oft so, als sei Gehorsam mit Unfreiheit gleichzusetzen und Ungehorsam mit Freiheit und Selbstbestimmung.
In Wahrheit müssten wir fragen:

Wem bin ich gehorsam?

Meinem inneren Schweinehund, meinem kurzsichtigen Eigenwillen, meinen kleinen Bedürfnissen, meinem Stolz, meiner Bequemlichkeit?

Oder meiner tieferen Einsicht, meiner innigen Liebe, meiner wahren Sehnsucht?

Gottes Wille geht immer mit der zweiten Seite konform. Nie verlangt er etwas von uns, was uns von der Spur unseres Lebens abbringt, immer begehrt er nur unser Bestes, immer hat er nur unser volles, sattes Leben im Sinn.

Dass dieses mit Entbehrungen einhergehen kann, dass dieses nicht unbedingt identisch ist mit materiellem und physischem Wohlergehen und angenehmem Zustand, ist schon wieder so etwas, was wir nicht wahrhaben wollen.

Und trotzdem stimmt es. Echte Befriedigung unseres Lebenshungers ist das sichere Wissen: „So ist es meins, so macht es Sinn, so passt’s zu mir wie ein mir maßgeschneidertes Kleid, wie angegossen!“ Kein Wohlleben kann dieses Wissen ersetzen, keine Not kann den zerstören, der es besitzt. Darin haben Mangel, Not und Sterben Versöhnung.

Was wäre passiert, wenn Maria „Nein“ gesagt hätte? Tja, Gott hätte weitersuchen müssen, vor allem aber: Maria hätte ihr besonderes Leben nie gefunden, sie wäre nie Maria geworden.

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Die Bibelstelle

Und im sechsten Monat wurde der Engel Gabriel von Gott gesandt in eine Stadt in Galiläa, die heißt Nazareth, zu einer Jungfrau, die vertraut war einem Mann mit Namen Josef vom Hause David; und die Jungfrau hieß Maria. Und der Engel kam zu ihr hinein und sprach: Sei gegrüßt, du Begnadete! Der Herr ist mit dir! Sie aber erschrak über die Rede und dachte: Welch ein Gruß ist das? Und der Engel sprach zu ihr: Fürchte dich nicht, Maria, du hast Gnade bei Gott gefunden. Siehe, du wirst schwanger werden und einen Sohn gebären, und du sollst ihm den Namen Jesus geben. Der wird groß sein und Sohn des Höchsten genannt werden; und Gott der Herr wird ihm den Thron seines Vaters David geben, und er wird König sein über das Haus Jakob in Ewigkeit, und sein Reich wird kein Ende haben. Da sprach Maria zu dem Engel: Wie soll das zugehen, da ich doch von keinem Mann weiß? Der Engel antwortete und sprach zu ihr: Der Heilige Geist wird über dich kommen, und die Kraft des Höchsten wird dich überschatten; darum wird auch das Heilige, das geboren wird, Gottes Sohn genannt werden. Und siehe, Elisabeth, deine Verwandte, ist auch schwanger mit einem Sohn, in ihrem Alter, und ist jetzt im sechsten Monat, von der man sagt, dass sie unfruchtbar sei. Denn bei Gott ist kein Ding unmöglich. Maria aber sprach: Siehe, ich bin des Herrn Magd; mir geschehe, wie du gesagt hast. Und der Engel schied von ihr. (Lukas 1, 26-38)

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