Erstellt von Ulla Arens

Wie werde ich ein guter Mensch, Armin Falk?

Hände halten ein Herz hoch
Wären wir nicht alle gerne ein Gutmensch?

Ein guter Mensch zu sein ist gar nicht so einfach. Warum das so ist und wie es dennoch gelingen kann, erklärt Armin Falk | Foto: iStock

Das sagt der Bonner Verhaltensökonom Armin Falk. Er weiß, was uns daran hindert, gut zu sein – und wie wir uns dazu überlisten können

‚Leben jetzt‘: Ihr Buch heißt „Warum es so schwer ist, ein guter Mensch zu sein“. Aber was ist denn überhaupt ein guter Mensch?
Armin Falk:
Da beziehe ich mich auf eine einfache Definition der Verhaltenswissenschaften: Ein Verhalten ist unmoralisch oder böse, wenn ich ohne guten Grund jemand anderem absichtlich einen Schmerz oder Schaden zufüge. Andersherum ausgedrückt: Ich bin ein guter Mensch, wenn mein Verhalten einen positiven Effekt bei einem anderen Menschen erzeugt. Sei es, dass ich spende oder für die kranke Nachbarin einkaufe. Ob ich das tue, weil es meinen Wertvorstellungen entspricht, oder ob ich mir dadurch einen Vorteil erhoffe, spielt dabei keine Rolle.

Lj: Warum fällt es uns denn so schwer, ­Gutes zu tun?
Falk: Weil es das Gutsein nicht umsonst gibt. Moral hat nun einmal ihren Preis: Bei jeder prosozialen Handlung müssen wir nämlich zwischen Kosten und Nutzen abwägen. Je höher die Kosten – sei es Geld, Zeit oder Aufmerksamkeit –, umso unwahrscheinlicher, dass die Menschen etwas Gutes tun. Je höher der Nutzen, umso wahrscheinlicher. Das konnten wir in unserer Lebensretter-Studie gut belegen.

Lj: Wie sieht diese Studie aus?
Falk: Die Teilnehmer hatten die Wahl: Entweder bekommen sie 100 Euro geschenkt – oder sie können mit dem Betrag sicherstellen, dass ein Mensch nachweislich gerettet wird, der an Tuberkulose erkrankt ist und sonst gestorben wäre. Dafür hätte eine entsprechende Organisation gesorgt.

Lj: 100 Euro sind ja nicht viel. Da haben sicher die meisten lieber das Leben gerettet.
Falk: Ohne werten zu wollen: Es waren 57 Prozent. Wenn die Spende nur 50 Euro kostet, waren es immerhin 64 Prozent, bei 20 Euro 82 Prozent. Kostet die Rettung jedoch 250 Euro, war nur noch ein knappes Drittel bereit, auf das Geld zu verzichten und stattdessen eine gute Tat zu tun.

Lj: Wie können wir es schaffen, ­bessere Menschen zu werden?
Falk: Das kann man von klein auf lernen. Dazu brauchen Kinder Vorbilder. Also Menschen, die moralisch handeln. Das sind bestenfalls die Eltern, können aber auch Großeltern oder Mentoren sein. Und für uns Erwachsene gilt: Wir sollten uns unbedingt ehrlich machen.

Lj: Was meinen Sie damit?
Falk: Wir sollten uns fragen: Will ich mich für oder gegen das Gute entscheiden? Wenn ich mich dann für das Gute entscheide, heißt das ja nicht, dass ich ein moralischer Superheld sein muss. Aber ich muss mich zum Beispiel gut informieren, damit ich nicht auf Lügengeschichten reinfalle – etwa die Leugnung des Klimawandels. Und ich muss mir bewusst machen, was mich am Gutsein hindert, damit ich mich nicht weiter durchlaviere, sondern zu einer klaren Haltung komme. Etwa beim Thema Spenden. Ich kann mir zum Beispiel genau ausrechnen, wie viel Prozent meines Einkommens ich zu spenden bereit bin und für welchen Zweck, und dann einen Dauerauftrag einrichten. Damit ist das Thema Spenden vom Tisch, und ich brauche kein schlechtes Gewissen zu haben, wenn ich für einen anderen guten Zweck kein Geld gebe. Wir dürfen auch dabei Grenzen haben. Es ist viel besser, etwas Gutes zu tun, ohne sich dabei zu überfordern, statt zu sagen: Wenn ich nicht allen helfen kann, helfe ich lieber keinem.

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Verhaltensökonom Armin Falk
Armin Falk ist Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Bonn

Der Frage nach dem guten Menschen geht Armin Falk in seinem Buch nach | Foto: privat

Armin Falk, 56, ist Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Bonn. Dort leitet er das BonnEconLab, Europas ältestes Labor für verhaltensökonomische Experimente.

Sein Buch „Warum es so schwer ist, ein guter Mensch zu sein“ ist im Siedler Verlag erschienen und kostet 24 Euro bzw. 29,10 CHF. Erhältlich ist es auch in der Steyler Buchhandlung.

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