Mit nichts. Mit absolut gar nichts. Verdiente Liebe ist keine Liebe. Wenn wir uns den Himmel verdienen könnten, wäre es kein Himmel.
Das, was uns so ungemein beglückt, überrascht und reich macht, wenn wir uns geliebt fühlen, ist gerade, dass uns die Liebe des andern aus freien Stücken zufällt.
Was ist ein Geschenk? Doch eindeutig etwas, worauf wir kein Anrecht haben, worauf wir keinen Anspruch erheben dürfen, was uns nicht rechtens „zusteht“, was uns der andere nicht schuldet. Gerade deshalb fühlen wir uns beschenkt und gehen wir auf wie ein Germknödel, wenn uns ein Geschenk zuteil wird.
Wenn „Himmel“ bedeutet, dass wir beglückt werden, sodass wir aufblühen, weil wir uns in unserer tiefsten Tiefe angenommen fühlen, dann muss er ein Geschenk sein und darf er kein Verdienst sein.
Das hat etwas Enttäuschendes an sich. Denn es würde uns ja schon sehr schmeicheln, wenn wir wegen unserer Schönheit, Gescheitheit, Begabung, unseres Aussehens, Könnens, Wissens, unserer Stärke, Witzigkeit, wegen einer bestimmten Eigenschaft – verdammt, irgendetwas Besonderes an mir muss es doch geben! – geliebt würden.
Das mag schon so sein, dass wir andere damit beeindrucken, dass andere sich aufgrund dessen in uns verlieben. Aber Liebe gründet nicht in etwas an uns, sondern daran, dass jemand aus unerfindlichen Gründen an uns Gefallen findet – und immer wieder neue unergründliche, unerfindliche Gründe findet.
Ich habe einmal einen Film gesehen. Ein pubertierender Jugendlicher war an sein Zimmer gefesselt. Aus lauter Langeweile hat er die Nachbarschaft beobachtet, mit Vorliebe die neu zugezogene, gleichaltrige Nachbarstochter – wie sie am Fensterbrett liest, wie sie vor dem Verlassen ihres Zimmers in den Spiegel schaut … in Momenten, wo sie sich unbeobachtet glaubt.
Die beiden haben Bekanntschaft gemacht, eines Tages ist sie drauf gekommen, dass er sie die längste Zeit beobachtet hat, und war tief bestürzt. Aber als sie dann gehört hat, wie er sie in diesen Momenten wahrnimmt, mit welchen Augen er sie sieht, war sie noch viel mehr bestürzt: mit liebenden Augen, nicht bloßstellenden.
So ist der Himmel: die bestürzende Erfahrung, dass wir um unserer selbst willen geliebt werden, einfach um der Art willen, wie wir uns die Haare kämmen, beispielsweise, einfach, weil wir da sind.
Mehr kluge Texte der Steyler lesen Sie in unserer Zeitschrift