Erst sterben die Tiere. Dann die Menschen. In Kenia, Somalia und Äthiopien herrscht die schlimmste Dürre seit Jahrzehnten. Millionen Menschen sind vom Hungertod bedroht. Die Massai in Kenia haben alles verloren. Sie kämpfen ums Überleben. Leben jetzt-Redakteurin Ulla Arens hat sie besucht.
Noch vor ein paar Monaten besaß Samuel Harris Muyang'ai 60 Rinder. Damit war er ein angesehener geachteteter Massai. Nun hat er seine letzte Kuh verloren. Von seinen Ziegen leben nur noch sieben. Seit über zwei Jahren hat es hier im Süden Kenias, knapp 60 Kilometer von der Hauptstadt Nairobi entfernt, viel zu wenig geregnet. Die letzten fünf Regenzeiten fielen nahezu aus. Die Brunnen sind leer oder zu weit entfernt für geschwächte Tiere. Der 62-jährige kann immer noch nicht fassen, was passiert ist. „Noch nie zuvor habe ich eine Kuh verloren, noch nie habe ich so eine Dürre erlebt."
Nur durch Lebensmittelspenden können er seine beiden Frauen, seine Eltern und die 12 Kinder überleben. Sie alle sitzen schweigend und verloren auf Plastikstühlen neben ihrer Wellblechhütte. Früher ging hier jeder ab Sonnenaufgang seinen Aufgaben nach; jetzt gibt es nichts mehr zu tun. Mit dem Verlust der Tiere droht den Massai auch der Verlust ihrer Kultur, die sich ganz um ihre Rinder dreht. Je mehr Rinder ein Massai besitzt, umso höher sein Ansehen. „Es ist undenkbar, unfassbar, ein Mann ohne Vieh sein. Die Kühe waren mein Stolz und mein Reichtum", bringt es Muyang'ai auf den Punkt.
In Kenia, Somalia und Äthiopien herrscht die schlimmste Dürre der letzten Jahrzehnte. Über 9,5 Millionen Tiere sind bislang verendet, davon 2,5 Millionen in Kenia. Damit verlieren die Menschen ihre Lebensgrundlage. Etwa 23 Millionen Menschen sind akut vom Hunger bedroht, 4,4 Millionen Menschen allein in Kenia. Über 5 Millionen Kinder sind laut den Vereinten Nationen bereits unterernährt. Die Preise für Grundnahrungsmittel wie Mais und Bohnen steigen indes immer weiter.
Ja, vom Klimawandel habe er schon einmal gehört, so Samuel. „Aber ich weiß nicht, was es bedeutet." Anders als sein Nachbar Jackson Tirikai: „Der Klimawandel ist dafür verantwortlich, dass der Regen ausbleibt", sagt der 54-jährige Massai. Mit seiner Frau, seinem Vater, seinem schwerstbehinderten Sohn und weiteren drei Kindern lebt er mehrere Kilometer von Samuel entfernt. Auch Jackson hat alle seine Kühe verloren. 30 besaß er. Wie es weitergehen soll? Jackson weiß es nicht.
Wir schaden dem Klima. Und die Massai leiden darunter
Von „Ungerechtigkeit zwischen dem globalen Süden und dem Norden", spricht auch Nothilfekoordinator Martin Griffiths. „All diese Familien, die von Herden lebten, haben ihr Einkommen und ihren Besitz verloren. Ihr Leben ist existenziell bedroht wegen unseres Handelns im Norden. Und bisher ist so gut wie kein Geld angekommen, um dort die Resilienz gegen die Folgen des Klimawandels zu stärken", sagt Griffiths. „Das setzt am gesamten Horn von Afrika jahrhundertealten Lebensmodellen ein Ende, die von Viehzucht und Weidewirtschaft leben."
Denn mit dem Verlust der Tiere droht den Massai auch der Verlust ihrer Kultur, die sich ganz um ihre Rinder dreht. Je mehr Rinder ein Massai besitzt, umso höher sein Ansehen. Die Massai definieren sich über ihre Tiere. Sie sind ihr Schatz, ihre Währung, ihre Milch ist lebensnotwendig. „Es ist undenkbar, unfassbar, ein Mann ohne Vieh zu sein. Jetzt, wo ich meine Tiere verloren habe, will ich keine anderen Männer mehr treffen. Die Kühe waren mein Stolz und mein Reichtum." Beides ist verloren. Der Massai ist kein richtiger Massai mehr.
„Wir sollten alle gemeinsam kämpfen, um das Klima wiederherzustellen, egal welches Land, egal ob arm oder reich." Der Glaube hilft dem Massai Jackson, die Situation zu ertragen. Er habe immer noch Hoffnung, dass man es mit Gottes Hilfe schaffe. Sein Nachbar Samuel sieht das ähnlich. „Ich glaube, dass Gott eine Antwort hat. Sonst würde ich verrückt werden."
Mehr zur Arbeit der Steyler Missionare erfahren Sie in unserer Zeitschrift.
Das ostafrikanische Land am Horn von Afrika hat knapp 50 Millionen Einwohner. Mehr als 80 Prozent der Fläche Kenias gelten laut Welthunger-Index als trocken und halbtrocken. Bis zu einer Million Massai leben im Süden Kenias und in Tansania, genaue Zahlen gibt es nicht. Ursprünglich kamen die Hirtenvölker vermutlich aus dem Gebiet des heutigen Südsudan und dem Niltal. Seit immer mehr ihrer Gebiete zu Naturschutzreservaten umgewandelt wurden, mussten viele von ihnen sesshaft werden
Seit 38 Jahren lebt Bruder Karl Schaarschmidt SVD in Kenia, einige davon verbrachte er in einem Massaidorf. Gemeinsam mit der Franziskanerin Mary Wangari Sebastian LSSJ, Direktorin des „Büro für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung“ (JPICFA), ruft er zu Spenden auf: „Wir bitten die Leserinnen und Leser, unseren Hilferuf zu hören, um vielen Menschen, besonders Kindern, zu helfen und Leben zu retten.“
Mit dem Spendengeld sollen Lebensmittelpakete für die Massai gekauft sowie Schulgebühren für die Kinder übernommen werden. Schwester Mary: „Wir wollen auch neues Vieh kaufen. Und den Massai dabei helfen, Wasser und Futter zu speichern und zusätzlich Gemüse anzubauen. So können sie ihre Identität als Hirten behalten und das eigene Überleben sichern.“
Wenn Sie den Massai helfen wollen, können Sie spenden:
Steyler Missionsschwestern e. V.
IBAN: DE76 3862 1500 0000 0106 39
BIC: GENODED1STB
Stichwort: Massai – Leben jetzt
Falls eine Spendenbescheinigung gewünscht, bitte Adresse angeben.