Steyler Missionare bringen Aufklärungsunterricht nach Thailand
HIV, Aids, Verhütung, viel zu frühe Schwangerschaften: Tabu-Themen in Thailand. Doch das Schweigen macht die Probleme nur größer. Ein Steyler Missionar organisiert Workshops, um Schüler und Lehrer aufzuklären.
Die 14-jährige Wanida und ihre Mitschüler bekommen ein Glas Wasser in die Hand gedrückt, dazu eine Spritze. Mit ihr soll jeder etwas Flüssigkeit aufsaugen und in die Gläser von fünf anderen Jugendlichen füllen. Was niemand von ihnen weiß: In einem der Becher ist eine Chemikalie aufgelöst. Als die Schüler der „Nong Ping Bum Pan“-Schule mit dem Umschütten fertig sind, wird in jedes Glas eine weitere Chemikalie gegeben. Plötzlich färbt sich das Wasser in einigen Gläsern rot. In jenen, die Tropfen aus dem einen kontaminierten Glas enthalten. Kein Experiment aus dem Chemieunterricht, sondern Teil eines Aids-Informations- und Präventionskurses – und eine Übung, die den Schülern nachdrücklich vor Augen führt, wie stark das Virus sich verbreitet, wenn man mehrere Intimpartner hat.
Vorurteile gegenüber Infizierten abbauen
Thailand gehört zu den Ländern Asiens mit den meisten HIV-Infektionen. Etwa 470.000 Menschen sind infiziert oder erkrankt. „Vor allem in den abgelegenen Regionen ist das ein Problem, weil es dort an der nötigen Aufklärung fehlt“, erzählt Bruder Damien Lunders SVD. Seit über 20 Jahren leitet er das Mother of Perpetual Help Center (Zentrum der Mutter der ewigen Hilfe, MPHC) in der Provinz Nong Bua Lamphu im Nordosten, einer der ärmsten Regionen des Landes. Industrie gibt es dort kaum, die meisten Menschen arbeiten als Tagelöhner, bauen Reis für den Eigenbedarf an, haben aber kaum genug zum Leben. Aus Mangel an Perspektive ziehen viele junge Menschen in die großen Städte. Doch die Hoffnung auf ein besseres Leben erfüllt sich oft nicht. Schlimmer noch: Aus Unwissenheit stecken sie sich mit dem Virus an oder enden in der Prostitution, wo die Aids-Gefahr ohnehin groß ist. Doch HIV ist nicht nur unheilbar. Betroffene werden zudem oft ausgegrenzt und von ihren Familien verstoßen.
Bruder Damien kämpft gegen die Verbreitung der tückischen Krankheit. Seine Aids-Präventionskurse, obwohl auf Nong Bua Lamphu beschränkt, sind längst thailandweit bekannt. Ihr Ziel ist es, junge Menschen über Aids zu informieren, aber auch Vorurteile und Berührungsängste gegenüber Infizierten abzubauen.
Mit Informationen gegen Vorurteile
20 Schulen nehmen jedes Jahr an den Kursen teil. Die Fortbildung startet mit einem Workshop für Lehrer und ausgewählte Schüler, die ihr Wissen anschließend in ihrer Schule weitergeben. Unterstützt werden sie dabei von den Mitarbeitern des MPHC, aber auch von Krankenschwestern und Ärzten. Jährlich erreicht Bruder Damien so über 2.500 Schüler und Schülerinnen im Alter zwischen 12 und 15 Jahren.
„Ich habe nicht mehr solche Vorurteile gegen Menschen mit HIV und weniger Angst, weil ich jetzt die Übertragungswege kenne“, sagt die 14-jährige Wanida nach Kursende. Sie habe auch viel über ihren Körper gelernt. Sex vor der Ehe? Nein, das kommt für sie nicht infrage.
Auch ihre Lehrerin Supanee Ratchaneeng ist dankbar, dass sie an dem Kurs teilnehmen konnte: „Ich weiß nun viel mehr über Aids und Verhütung, kann endlich frei mit den Schülern über diese Themen sprechen.“
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Hilfe für Aids-Kranke
Seit 21 Jahren kümmert sich Bruder Damien Lunders SVD um Aids-Kranke. Im Hospiz „Villa Marie“ des Mother of Perpetual Help Center (MPHC) in Nong Bua Lamphu werden zehn schwerstkranke Patienten medizinisch wie palliativ versorgt und zudem seelisch betreut.
Das MPHC hat zehn Mitarbeiter. Einige von ihnen sind frühere Patienten, die deshalb die Sorgen, Nöte und Bedürfnisse der Bewohner besser verstehen können.
Zusätzlich hilft das MPHC Kindern erkrankter Mütter mit Milch- und Nahrungsergänzungsmitteln, notwendigen Schulmaterialien und Kleidung.
Vor neun Jahren wurde das „Mother Mary House“ gebaut – ein Heim für zehn Kinder und Jugendliche, deren Eltern an Aids gestorben sind oder die aufgrund der Krankheit von Verwandten verstoßen wurden. Sie besuchen die Schule und können eine Ausbildung machen.
Da die Zahl der Jugendlichen, die ein solches Heim benötigen, zurückgegangen ist – infizierte Eltern stecken ihre Kinder mittlerweile weniger an –, leben dort nun auch Hospiz-Patienten, die weniger Pflege benötigen.