An der Tür meiner Klause bekomme ich von guten Menschen so manches in die Hand gedrückt: alte Kreuze von den verstorbenen Großeltern, selbst geknüpfte Rosenkränze, alle Arten von Heiligenfiguren und vieles andere mehr. Die allermeisten Gegenstände kann ich im Laufe der Zeit an andere Menschen weiterverschenken.
Dinge allerdings, von denen ich glaube, sie für meine Arbeit selbst gebrauchen zu können, hebe ich auf. Zum Beispiel Bilder des Labyrinth von Chartres. Die konnte ich ideal für eine Gruppenarbeit mit Jugendlichen einsetzen, die mich besuchten und von mir wissen wollten, warum ich das Leben eines Einsiedlers gewählt habe.
Für mich ist das Labyrinth ein Symbol dafür, sich auf einem Lebensweg mit Umwegen und verworrenen Pfaden zu befinden. Unser Leben verläuft eben nicht immer geradlinig. Manche Windung müssen wir nehmen, und manchmal wechselt der Weg die Richtung. Diese Erfahrung machen auch schon Jugendliche.
Deswegen erzählte ich ihnen davon, wie oft ich mich in meinem Leben schon gewunden habe vor der nächsten Entscheidung, weil ich nicht wissen konnte, welche Konsequenz sie haben würde.
Der Einsiedler und die Jugendlichen
Vielleicht erreichte ich meine Ziele nicht so schnell, wie ich es mir anfangs erhoffte. Dennoch habe ich immer wieder erfahren dürfen, dass ich des Weges geführt wurde, den ich beschritt. Deswegen lud ich die jungen Menschen ein, ihr Leben als ein Labyrinth zu verstehen, denn: „Im Labyrinth verliert man sich nicht, im Labyrinth findet man sich“, so der Labyrinthforscher Hermann Kern.
Auch meinen Weg als Einsiedler zu gehen gleicht solch einem Labyrinth mit vielen Kurven und Windungen. Es ist ein langer Weg, nicht schnell und nicht einfach zu gehen, und auch im vierten Jahr in der Stille fühle ich mich immer noch als Lernender. So beschleicht mich beispielsweise hin und wieder das Gefühl, anderswo vielleicht „besser“ wirken zu können oder auch „mehr“ für den Herrgott zu tun, als in einer Klause am Rande des Waldes zu leben.
Im Leben wie im Layrinh gilt: Immer einen Fuß vor den anderen
Und das, obwohl ich doch im Grunde sehr zufrieden bin mit meinem Leben vor Ort. Wie gut tat es mir da, genau in diesem Moment bei Thomas Merton, einem amerikanischen Trappistenmönch, zu lesen: „Es gibt keinen Menschen für ein bestimmtes Waldstück, der nicht von dir, o Gott, für genau dieses Stück Wald gemacht wurde.“ Klar doch, ich bin genau für dieses Stück Wald – für diesen Ort hier – gemacht. Das war in diesem Augenblick meine beglückende Einsicht für das Weitergehen auf meinem Weg.
Solche Hinweise in ihrem Leben wahrzunehmen, sie als wahr zu nehmen: Dazu wollte ich die jungen Menschen ermutigen, die das Gespräch mit mir suchten. Das Bild des Labyrinths kann ihnen sagen: Setze stets einen Fuß vor den anderen und gehe ohne Angst weiter, auch wenn du nicht wissen kannst, was dich nach der nächsten Biegung erwartet. Verstehen wirst du dein Leben später einmal, durch einen Blick zurück. Heute aber schau nach vorn und schreite mutig voran.