Erstellt von Michael Kreuzer SVD

Pater Kreuzer erklärt die Bibel: Frauen beim Abendmahl

Pater Kreuzer erklärt die Bibel - Frauen beim Abendmahl
Frauen im Abendmahlsaal - Pater Kreuzer erklärt die Bibel

Pater Kreuzer erklärt die Bibel: Warum waren eigentlich keine Frauen im Abendmahlsaal dabei? | Foto: shutterstock

Nicht immer erschließt sich der Inhalt der Bibel beim ersten Lesen. Darum haben wir den Steyler Pater Michael Kreuzer gebeten, sie uns zu erklären.

Zur Beantwortung dieser Frage muss ich weit ausholen. In Ez 34 wird den „Hirten Israels“ (Königen, hohen Beamten, Priestern) vorgeworfen, sie hätten die „Schafherde“ (das Volk) nur zu ihrem eigenen Vorteil geweidet, sich in Wahrheit nicht um sie geschert. Die Folge ist die Zerstreuung der Herde; verloren irren die Schafe nun herum und werden den wilden Tieren zum Fraß überlassen (Bild für die gefährdete Diasporasituation des jüdischen Volkes).

Aus dieser Vergangenheits- und Gegenwartsanalyse erwächst die kühne Zukunftshoffnung: Gott selbst werde sich um seine Herde kümmern. Er werde sie aus dem Herumirren und der Verlorenheit herausführen, um sich sammeln und auf gute Weidegründe führen.

Das ist eine Kurzzusammenfassung dessen, was in Israel während des „Exils“ geschehen ist: eine Abrechnung mit der Vergangenheit, ein scharfes Ins-Gericht-Gehen mit den politisch Verantwortlichen und mit der ganzen bisherigen Geschichte Israels; ein Auf-den-Punkt-Bringen der menschlichen Existenz („Zerstreuung“, „Verlorenheit“, „in der Fremde leben“, „Heimatverlust“ – nicht bloß im wörtlichen, sondern tief symbolischen Sinn); Geburt einer kühnen Hoffnung: „Sammlung aus der Zerstreuung“; Rückführung ins „Gelobte Land“, ins „Verlorene Paradies“; „direkte Gottesherrschaft“ ohne menschliche Zwischeninstanzen, die ihre Macht missbrauchen.

Wenn Jesus den Zwölferkreis „schuf“ (Mk 3,14), dann sollen die Zwölf die zwölf Söhne Jakobs und die zwölf Stämme Israels repräsentieren; damit will Jesus sagen: „Ich möchte ganz Israel um mich sammeln, alle zwölf Stämme, und damit die Heilszeit einläuten.“ Alle wussten damals: „Israel“ besteht nur mehr aus den Stämmen Juda, Benjamin und halb Levi. Die anderen 9½ Stämme sind in der Völkerwelt aufgegangen und existieren nicht mehr. Der Zwölferkreis um Jesus steht dagegen zeichenhaft für die Sammlung ganz Israels, selbst des heidnisch gewordenen!

Und „Sammlung Israels aus der Zerstreuung“ bedeutet, alle in Ez 34 angesprochenen Hoffnungen zu erwecken. Jesus brauchte das niemandem seiner Zeitgenossen zu erklären; die Zeichenhandlung sprach für sich. Es mussten allerdings Männer sein. Es macht durchaus Sinn, wenn Jesus „nur“ im Kreis der Zwölf sein letztes Abendmahl gefeiert hat. Stärker als ein größerer Kreis, Jüngerinnen eingeschlossen, brachte der Zwölferkreis zum Ausdruck, dass Jesus trotz seiner bevorstehenden Hinrichtung an seinem Programm festhielt, ganz Israel um sich versammeln und den Anbruch der Gottesherrschaft einleiten zu wollen.

Heute verteidigen konservative Kreise der Kirche mit der Tatsache, dass Jesus ausschließlich Männer in den Zwölferkreis berufen hat, die ausschließlich männliche Besetzung des Klerus. Die Gleichung: „Einsetzung der Zwölf = Einsetzung des Klerus“ ist allerdings ein starkes Stück.

Mehr kluge Texte der Steyler lesen Sie in der deutschen und österreichischen Ausgabe unserer Zeitschrift.

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